„Es geht darum, dass etwas stattfinden kann“, befand Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda. Und es fand etwas statt! Ein Erfolg und eine Idee für die Zukunft? – Ja und nein.

Der Schwerpunkt dieser Ausstellung war das Thema “Hygiene- Festivals in Zeiten der Pandemie neu umdenken“. Im Rahmen der Fachausstellung des Reeperbahnfestivals stellte sich MOVETOS in Verbindung mit der Initiative des gep – german event pool vor.

Die Besucher konnten auf dem „Future Playground“ in einem One-Way-Rundgang die verschiedenen Stationen wie Einlasssysteme, Crewcatering, Logistik oder Hygiene besichtigen und kreative Veranstalterkonzepte entdecken. Die Ausstellung hat Angebote zu den Themen Besuchermanagement, Hygienemanagement, Kommunikationsmanagement, Personalmanagement und Gastronomie etc. aufgezeigt. Das Reeperbahnfestival an sich, der Grund warum die Besucher überhaupt kamen, waren die Konzerte.


Foto MOVETOS 2020

Über die 4 Festivaltage (von Mittwoch bis Samstag) wurde das Festival mit spezifischen Hygienevorgaben während der Pandemie durchgeführt. Desinfektionsmittelspender gab es überall, ebenso eine personalisierte An- und Abmeldung per QR-Code oder analog mit Zettel.

Bodenmarkierungen definierten die Aufenthaltszonen, nur Sitzplätze, begrenzte Publikumszahl (8.000 statt sonst 50.000) und deutlich mehr Ordnungsdienst, um die Besucher zu ihren festen Schunkelplätzen zu geleiten. Cateringpersonal versorgte die Besucher auf den Plätzen. Das alles war gewöhnungsbedürftig und aufwändig, für viele aber eine Alternative zum Live-Stream daheim.

Parallel wurden auch die Grenzen solcher Hygiene rasch aufgezeigt, die der Rapper Pöbel MC ironisch so beschrieb: „Voll gut, dass draußen vor der Absperrung mehr Leute sind, als hier vor der Bühne!“. Jenseits der Festivalabsperrung endete die Maskenpflicht und Abstandsregeln waren kaum kontrollierbar. Grundsätzlich wurden zumindest die faktischen Risiken einer Corona-Infektionen innerhalb der Eventlokationen aktiv minimiert. Insofern ein Erfolg!

Das Festival war nur möglich, weil öffentliche Zuschüsse i.H.v. mindestens 1,3 Mio. € bereitgestellt wurden. Organisationschef Alexander Schulz bezeichnete das Festival deswegen auch als „ökonomisches Kunstprodukt“. Das Konzept mit geringer Besucherzahl, stetiger Desinfizierung (und Durchlüftung der Clubs / Open Air) sowie erhöhtem Personalaufwand kann niemals ökonomisch vertretbar realisiert werden.

Kultursenator Dr. Carsten Brosda nannte das Reeperbahn-Festival im Zuge der Eröffnungsveranstaltung ein „Überlebenszeichen“ – quasi zwangsbeatmet, teuer erkauft und nur tragfähig, würden sich Politik und Veranstaltungsbranche dieses Experiment genau angesehen und analysieren, um daraus praktikable Handlungsszenarien für die nahe Zukunft abzuleiten.

Dass zukünftige Festivals diese ökonomische Unterstützung erfahren, darf bezweifelt werden. Hier müssen technische Lösungen wie z.B. automatische Zugangskontrollen, Hygieneschleusen, etc. Geld sparen, die Abläufe vereinfachen und die zulässige Besucheranzahl deutlich erhöhen. Das heißt: Sie könnten…, denn dafür müsste ein wirkliches Interesse an Schutz- und Organisationsmaßnahmen bestehen, die deutlich über das Aufstellen von Desinfektionsspendern oder analoge und bedenkliche Besucherdatenerfassung mittels Papierzetteln hinausgehen.

Leider war das Ausstellungsgelände hierzu, der „Future Playground“ so abseits platziert, dass sich kaum Veranstalter, keine Behörden, keine Politiker und so gut wie keine Presse eingefunden haben, um Ideen und Lösungen gemeinsam mit den Austellern zu erörtern. Insofern kein Erfolg!

Für die Veranstaltungsbranche war das Reeperbahnfestival im Gegensatz zum lokalen Veranstalter noch kein Schritt in die Zukunft, da eine ernstzunehmende Resonanz der notwendigen behördlichen und politischen Entscheider vor Ort nicht bemerkbar war und im Nachgang bislang noch aussteht. Es bleibt zu hoffen das EVENT nicht mehr nur als „happy go lucky“ interpretiert wird, sondern dass dahinter Menschen, Familien, Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Verantwortung stehen, die auf ernsthafte Lösungen und Perspektiven angewiesen sind.

CJ 6/20